„Wer den DJ bezahlt, bestimmt auch die Musik.“ Im Sport bestimmen Geldgeber aber noch Einiges mehr, als die sportliche Ausrichtung. Mit zum Teil katastrophalen Folgen.
Am 23. Oktober um 15 Uhr war das Aus der ersten Mannschaft des Traditionsvereins SG Wattenscheid 09 amtlich. Zuvor waren mehrere Versuche der Vereinsspitze des Regionalligisten, aber auch der Insolvenzverwalterin Dr. Anja Commandeur schlugen fehl. Einzig die Jugendabteilung des ehemaligen Erst- und Zweit-Ligisten wird in Zukunft bestehen bleiben.
Wattenscheid ist gerade in Bochum immer ein Thema und die Fans des VfL Bochum machen sich nicht umsonst Sorgen nach der Ausgliederung der ersten Mannschaft. Soll doch die Suche nach einem Investor die erste Mannschaft auf Erfolgskurs bringen. Zu viele negative Beispiele in der Umgebung aber zeigen eine andere Sprache.
Fußball ist inzwischen eine wirtschaftliche Angelegenheit und der Sport rückt bis in die dritte Liga weitestgehend in den Hintergrund. Fans und vor Allem Ultras wollen diesen Status nicht wahrhaben, haben aber dennoch hochgesteckte sportliche Ziele vor Augen, die, spätestens im internationalen Wettbewerb, weit von der Realität abdriften. Beispiele wie RB Leipzig oder die TSG 1899 Hoffenheim sind Feindbilder, obwohl das System mit einem Investor in den beiden Vereinen greift und Erfolge zeigt.
Vereine werden zu Wirtschaftsunternehmen
Bochum ist auf Dauer von Geldgebern abhängig, hat aber derzeit noch keine finanziellen Sorgen, wie die Vereine des TSV 1860 München, des KFC Uerdingen oder eben jene SG Wattenscheid 09, die sich in ihrer Not auf ausländische Investoren verließen oder noch immer verlassen müssen.
In Wattenscheid war es Oğuzhan Can, ein türkischer Investor, der laut letzten Informationen Zahlungen über 350.000 € nicht nachkam. Bereits im Februar 2014 kamen erste Kontakte zu Galatasaray Istanbul auf, die über die SGW Nachwuchsspieler rekrutieren wollte. Auch bei dieser Kooperation gab es offene Verbindlichkeiten und erste Unruhen im Verein. Der Versuch 2019, Peter Neururer als „Retter“ einzusetzen schlug fehl, da es an Mitteln mangelte, um den Kader der ersten Mannschaft wettbewerbsfähig zu halten. Zusagen dem Vorstand gegenüber und Neururer selber wurden laut mehrerer Interviewaussagen nicht eingehalten.
Der Revierclub ist beileibe nicht der erste Fall eines unseriösen Investors. Beim TSV 1860 München schaltete sich noch während der Spielzeit 2010/11 der jordanische Geschäftsmann Hasan Ismaik ein und erwarb mit seiner Firma HAM International Ltd. 60% der Anteile der TSV 1860 München GmbH & Co. KGaA. Er rettete so den Verein vor der Insolvenz.
Bis 2015 blieb es ruhig, aber Verhandlungen zwischen Ismaik und der Vereinsführung in Verbindung mit den sportlichen Misserfolgen ließen den gesamten Vorstand geschlossen zurücktreten. Weitere Querelen mit wechselnden Geschäftsführern folgten, aber auch die Zensur der Presse. So wurden kritische Journalisten abgewiesen und die Berichterstattung kontrolliert.
2016 noch kündigte der Investor den Bau einen neuen Stadions mit angrenzendem Löwen-Zoo an. Ein Jahr später hingegen verweigerte Ismaik dem Verein die Zahlungen für eine Lizenz in der 3. Liga, was den sofortigen Abstieg in die Regionalliga mit sich zog. Noch immer hält der Jordanier 60% der Anteile und will versuchen gegen die in Deutschland gültige 50+1 Regel zu klagen.
In Krefeld geht es nicht nur um den Fußball
Mit dem Russen Michail Ponomarew sind derzeit alle Zeitungen in Krefeld gefüllt. Er übernahm das Amt des Präsidenten beim KFC Uerdingen von Agissilaos „Lakis“ Kourkoudialos. Der Plan: Zurück in den Profifußball.
Am 5. September 2017 stimmten die Mitglieder für die Ausgliederung der ersten Mannschaft. Kurios daran ist jedoch, dass die Fussball GmbH und auch der Verein Ponomarew unterstehen, so dass der Russe nahezu die Alleingewalt hat. Auch trotz der 50+1 Regelung. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurden erste kritisch berichtende Journalisten von den Spielen und auch Pressekonferenzen ausgeschlossen.
Aufgrund von baulichen Mängeln an der Grotenburg, dem Heimstadion des KFC, musste die Mannschaft in der Saison 2018/19 nach Duisburg auswandern und in der Schauinsland-Arena in Duisburg die Heimspiele austragen. Aufgrund von ausgebliebenen Zahlungen seitens Ponomarev kündigte man dem KFC am Ende der Saison das Mietverhältnis und Uerdingen musste nach Düsseldorf in die Merkur Spiel-Arena umziehen.
Diese Umstände waren nicht die ersten Zahlungsprobleme des Russen. Schon beim Eishockeyclub der Düsseldorfer EG waren Probleme mit dem Investor Ponomarev ein Dauerthema in den Medien. Dort aber war Ponomarew nicht mehr. Statt dessen kaufte sich der Russe bei den Krefeld Pinguinen ein und sorgte, zumindest vorerst, für finanzielle Ruhe im Verein, der nahezu jährlich ums Überleben kämpfte.
In der Saison 2019 jedoch scheint die Zahlungsmoral Michail Ponomarews erneut ins Stocken zu geraten. Die Krefeld Pinguine gaben in einer Pressemitteilung erst im September diesen Jahres bekannt, dass eine hohe sechsstellige Summe offen sei und Ponomarew seinen Verpflichtungen nicht nachkommen würde. Im Oktober war gar von einer mio. Euro die Rede und die Krefeld Pinguine standen kurzzeitig vor dem Aus. Erst das Eingreifen des zweiten Investors Schulz, konnten die Pinguine eine vorsichtige Entwarnung geben. So sollen Gelder aus der zweiten Saisonhälfte den Spielbetrieb bis zum Ende des Jahres sichern. Dann aber muss der Verein neue Investoren präsentieren oder die nötigen Gelder durch neue Sponsoren einholen.
Die Zukunft der Pinguine ist also noch immer unsicher. Die Pinguine sind aber nicht der einzige Verein, der auf des Messers Schneide spielt. So soll Ponomarev inzwischen als Investor in der niederl. Eredivisie in Nijmegen gehandelt werden.