Mit Silber für Timo Boll und einem starken vierten Rang für Dimitrij Ovtcharov endete am Nachmittag der mit 250.000 Dollar dotierte Men’s World Cup in Paris, Gold und Bronze gingen an China. Europameister Boll, der sich im Halbfinale gegen Titelverteidiger Ovtcharov in einer Neuauflage des deutschen Vorjahresendspieles mit 4:2 durchgesetzt hatte, unterlag im Finale 2018 dem Weltranglistenersten Fan Zhendong in fünf Sätzen, der damit nach Saarbrücken 2016 zum zweiten Mal beim Weltpokal triumphierte. Im Spiel um Platz drei behauptete sich der Weltranglistenfünfte Lin Gaoyuan ebenfalls mit 4:1 gegen Ovtcharov.
Timo Boll wartet weiter auf ersten Sieg über Fan Zhendong
Zwar hatten Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov in den beiden Duellen mit den Superstars aus dem Reich der Mitte die mit 4.000 Besuchern ausverkaufte Disney Event Arena auf ihrer Seite, die Erfolge der Spieler aus dem Reich der Mitte vermochte jedoch auch die lautstarke Unterstützung der französischen Zuschauer nicht verhindern. Timo Boll, Gewinner des Weltpokals 2002 in Jinan und und 2005 in Lüttich, unterlag in seinem insgesamt sechsten Weltpokalfinale vor den Augen von Thomas Tuchel, des deutschen Trainers von Paris Saint-Germain, dem WM-Zweiten Fan Zhendong mit 9:11, 5:11, 6:11, 11:9 und 8:11. Der Rekordeuropameister, der damit weiterhin auf seinen ersten Erfolg über Fan Zhendong warten muss, kann sich mit einem 40.000-Dollar-Scheck über seine Finalniederlage hinweg trösten, während der Sieger 20.000 Dollar mehr kassierte.
Timo Boll zog sportlich zurecht eine überaus positive Turnierbilanz, nachdem er vor seinem heutigen Halbfinalerfolg über Dimitrij Ovtcharov gestern souverän gegen Frankreichs Lokalmatador Emmanuel Lebesson und anschließend auch gegen Japans Weltranglisten-Achten Tomokazu Harimoto mit jeweils 4:1 behauptet hatte: „Mit 37 Jahren kann man nicht unbedingt erwarten, in ein World-Cup-Finale einzuziehen. Ich habe in Paris gut gespielt.“ Die klare Niederlage kann Boll einordnen: „Fan Zhendong ist der überragende Spieler der Welt derzeit. Ich musste mich erst einmal im Finale an die Geschwindigkeit seiner Bälle gewöhnen und war auch bei einigen meiner Bälle überrascht, dass die noch zurückkamen. Deshalb ist es sehr wichtig, immer wieder gegen die Chinesen zu spielen, weil sie doch eine ganz andere Qualität haben, die man nicht im Training üben kann.“ Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf ergänzte. „Timo hat etwas Zeit gebraucht, ist dann aber besser ins Spiel gekommen. Schade aber, dass er nicht auch den fünften Satz gewonnen hatte, dann hätte ich das Match gerne gesehen. Fan Zhendong fing an, ein wenig nervös zu werden.“
Dimitrij Ovtcharov: „Ich weiß, woran ich zu arbeiten habe“
Zuvor hatte der Weltranglistenvierte Dimitrj Ovtcharov das kleine Finale um Platz drei gegen seinen Weltranglistennachbarn Lin Gaoyuan mit 7:11, 9:11, 11:9, 4:11 und 3:11 verloren. Der im Frühjahr und Sommer mehrere Monate verletzungsbedingt pausierende Vorjahressieger hatte gestern im Achtel- und Viertelfinale jedoch Weltklassevorstellungen bei seinen Siebensatzerfolgen über den Schweden Mattias Falck und Südkoreas Weltranglistensiebten Lee Sangsu geboten und auch Timo Boll im Halbfinale beim 2:4 heftige Gegenwehr geleistet. Ovtcharov war mit seiner World-Cup-Vorstellung insgesamt zufrieden: „Die Tendenz zeigt weiter nach oben. Ich habe hier teilweise sehr gut gespielt und war im Halbfinale dicht dran, sogar in das Endspiel einzuziehen. Es war hier in Paris viel besser als bei den letzten Turnieren. Es gibt jetzt noch ein, zwei Dinge, die mir hier aufgefallen sind, an denen ich gezielt arbeiteten werde. Das ist der Unterschied zur Situation von vor einigen Wochen. Da gab es nach Turnieren noch so viele Baustellen, dass ich gar nicht wusste, wo ich ansetzen sollte. Das Match um den vierten Platz ist mir sehr schwer gefallen, nachdem ich zuvor so knapp im Halbfinale verloren habe.“
Jörg Roßkopf: „Ein sehr starkes Ergebnis“
Bundestrainer Jörg Roßkopf, der zusammen mit Sportdirektor Richard Prause und Physiotherapeut Peter Heckert das DTTB-Aufgebot in Paris komplettierte, zog angesichts des glänzenden Abschneidens seiner Schützlinge eine sehr positive Bilanz: „Ich möchte Timo und Dima für ihre guten Leistungen bei diesem Turnier gratulieren. Beide haben ein starkes Turnier gezeigt. Der World Cup hat ein hohes Prestige bei den Spielern und ist nach Olympia und WM das bedeutendste Turnier im Tischtennis. Deshalb ist es ein sehr starkes Ergebnis, hier mit zwei Spielern im Halbfinale vertreten gewesen zu sein. Der World Cup hat zudem das Ergebnis der Team-WM 2018 bestätigt und gezeigt, dass aktuell China und Deutschland die besten Nationen im Tischtennis sind.“
Roßkopf freute sich vor allem auch darüber, dass in Paris bei Dimitrij Ovtcharov nach längerer Durststrecke endlich der Knoten geplatzt zu sein scheint: „Timo ist ein außergewöhnlicher Spieler. Er hat wieder einmal bestätigt, dass er sich bei Turnieren von Spiel zu Spiel steigern kann. Bei Dima war nur eine Frage der Zeit, wann der Knoten endlich platzt. Wäre es nicht jetzt gewesen, dann vielleicht bei den Austria Open oder den Swedish Open. Seine Kurve geht nach oben und ich bin mir sicher, er ist bald wieder ganz der Alte.“ Auch Sportdirektor Richard Prause sah positive Ansätze bei Dimitrij Ovtcharov. „Dima hat hier besser gespielt. Für mich war sehr erfreulich, dass er wieder mehr Präsenz gezeigt hat am Tisch. Das ist vor allem im Match gegen Lee Sangsu in den wichtigen Phasen sehr deutlich geworden.“ Prause sah einen sehenwerten World Cup: „Die Kombination, in einer Weltmetrople wie Paris Sport in den Disneypark als Event zu integrieren, war ein voller Erfolg. Die Zuschauer haben hier zudem für eine fantastische Atmosphäre gesorgt. Das Niveau bei diesem Prestigeturnier war sehr gut. Ich würde mir aber wünschen, dass in der Zukunt für die Qualifikation wieder ein gesteigerter Wert auf die Weltranglistenpositionen und weniger auf die kontinentalen Qualifikationsturniere gelegt wird.“
World-Cup-Medaille Nummer 14 für Deutschland
Mit Silber für Boll verbuchte Deutschland seinen insgesamt 14. Medaillengewinn beim dem seit 1980 ausgetragenen Men’s World Cup. Achtmal Edelmetall sammelte Timo Boll mit zweimal Gold (2005 und 2002), viermal Silber (2018, 2017, 2012, 2008) und zweimal Bronze (2010, 2014). Dreimal stand Dimitrij Ovtcharov, dem 2018 nur der undankbare vierte Rang blieb, auf dem Siegerpodest (Gold 2017, Bronze 2015 und 2013). Der heutige Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf gewann 1998 in Shantou als erster Deutscher den Titel und holte zudem je einmal Silber (1995) und Bronze (2001). In der ewigen Bestenliste der World-Cup-Sieger bekleidet Boll mit zwei Siegen zusammen mit seinem heutigen Finalgegner Fan Zhendong und dem ebenfalls zweimal erfolgreichen Weltmeister Ma Long Rang drei hinter dem viermaligen Gewinner Ma Lin (China) sowie Wang Hao (China) und Vladimir Samsonov (Weißrussland), die je dreimal erfolgreich waren.
Die Ergebnisse vom Sonntag:
Finale
Timo Boll GER – Fan Zhendong CHN 1:4 (-9,-5,-6,9,-8)
Spiel um Platz 3
Dimitrij Ovtcharov GER – Lin Gaoyuan CHN 1:4 (-7,-9,9,-4,-3)
Halbfinale
Timo Boll GER – Dimitrij Ovtcharov GER 4:2 (-12,7,13,-9,11,5)
Fan Zhendong CHN – Lin Gaoyuan CHN 4:1 (-10,10,13,7,6)
Quelle: Deutscher Tischtennis Bund (DTTB)