Einen schöneren Abschied auf der nationalen Bühne hätte sich Timo Boll nicht vorstellen können. Bei seiner letzten Teilnahme an einer Deutschen Meisterschaft gewann der 37-Jährige vor 3.200 Zuschauern in Wetzlar seinen insgesamt 13. Einzel-Titel. Bei den Damen triumphierte erstmalig Nina Mittelham. Die Doppel-Goldmedaillen gingen an Benedikt Duda/Qiu Dang, Nina Mittelham/Franziska Schreiner und Petrissa Solja/Patrick Franziska.
Als Timo Boll im Finale gegen Patrick Franziska den vierten Satz mit 11:9 gewann, standen die Zuschauer in der Rittal Arena auf und spendeten lautstarken Beifall. Durch einen überraschend deutlichen 4:0-Erfolg verabschiedete sich Boll mit seinem 13. Einzeltitel von den nationalen Titelkämpfen. „Es ist dann doch emotionaler verlaufen als gedacht“, gab der Rekord-Champion anschließend ehrlich zu und ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Meine Karriere ist ja noch nicht zu Ende.“ Zum Glück, werden sich viele Fans des Ausnahmesportlers denken. Auch in Wetzlar stellte Timo Boll einmal mehr sein außergewöhnliches Können unter Beweis. „98 oder 99 Prozent reichen nicht aus, um gegen Timo zu gewinnen“, verriet Patrick Franziska. Doch damit nicht genug. „Selbst wenn ich 100 Prozent meiner Leistung abrufen könnte, würde es immer noch schwer werden, um gegen ihn zu siegen.“
Patrick Franziska, der in sämtlichen Konkurrenzen das Finale erreichte, musste nach dem dritten Endspiel innerhalb von knapp drei Stunden seinem Marathon-Programm an den zwei Tagen Tribut zollen. Diesen Eindruck hatte zumindest Timo Boll gewonnen. „Unsere letzten Duelle waren extrem eng. Ich war sehr motiviert und wollte unbedingt in meiner hessischen Heimat zum Abschluss noch einmal Gold gewinnen.“ Eigentlich hatte der Weltranglistenfünfte vor gehabt, schon im vergangenen Jahr nach seinem Triumph in Berlin nicht mehr an den nationalen Titelkämpfen teilzunehmen. „Dann habe ich gehört, dass die nächsten Meisterschaften in Wetzlar ausgetragen werden. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, noch einmal zu starten.“ Doch jetzt ist endgültig Schluss. „Das war eine feine Geschichte am Ende.“
Damen: Nina Mittelham fehlen nach ihrem ersten DM-Triumph die Worte
„Ich habe nichts zu verlieren und gehe ohne Druck in das Spiel“, verriet Nina Mittelham vor dem Endspiel gegen Petrissa Solja. Die Taktik ging auf, denn die Wahl-Berlinerin holte in Wetzlar ihre erste Goldmedaille im Damen-Einzel. Vor fünf Jahren hatte es für Mittelham an gleicher Stelle bereits zu Bronze gereicht. „Ich fühlte mich gut und in den engen Situationen hatte ich auch ein wenig Glück. Von Beginn an habe ich die Konzentration komplett auf mich gerichtet.“ Der Knackpunkt sei nach Meinung von Nina Mittelham der mit 16:14 gewonnene dritte Satz gewesen. „Anschließend habe ich gemerkt, dass in dem Spiel was geht. Jetzt bin ich einfach nur überglücklich.“ Die Enttäuschung bei Petrissa Solja hielt sich nach der Niederlage in Grenzen. „Ich fahre mit drei Pokalen nach Hause und bin extra mit dem Wohnmobil angereist, damit ich auch alles mitbekomme“, hatte die Linkshänderin ihren trockenen Humor im Rahmen der Siegerehrung noch lange nicht verloren. Den Grund für die 1:4-Endspielniederlage hatte Solja schnell gefunden. „Im Vergleich zu den vorherigen Spielen konnte ich nicht meine Leistung abrufen. Hinzu kam, dass Nina stark agierte.“
Doppel: Benedikt Duda und Qiu Dang verteidigen ihren Vorjahrestitel erfolgreich
Benedikt Duda musste vor der Doppel-Konkurrenz nicht lange überlegen, um die Zielsetzung zu verraten. „Wir peilen die erfolgreiche Titelverteidigung an“, sagte der 22-Jährige. Gesagt – getan: An der Seite von Qiu Dang, beide leben in Düsseldorf mit U23-Nationalspieler Nils Hohmeier in einer Dreier-WG, gab es erneut Gold. Im Endspiel setzten sich Duda/Qiu mit 3:1 gegen die an Position eins gesetzten Patrick Franziska und Ricardo Walther durch. „Wir sind sehr glücklich über Gold“, stellte Qiu Dang, der im Einzel-Halbfinale knapp gegen Timo Boll verloren hatte, klar.
Im Damen-Doppel gewann Nina Mittelham ihre zweite Goldmedaille. Zusammen mit Franziska Schreiner wurde das Endspiel gegen Caroline Hajok/Luisa Säger, die in der Vorschlussrunde überraschend die topgesetzten Shan Xiaona/Kristin Lang ausgeschaltet hatten, nach vier Sätzen siegreich beendet. „Ich war am Anfang sehr nervös“, gestand Schreiner. „Zum Glück ist Nina ruhig geblieben.“
Im nach 13 Jahren erstmals wieder ausgetragenen Mixed-Wettbewerb holten die Topfavoriten Petrissa Solja/Patrick Franziska Gold. In einem hart umkämpften Finale setzte sich die Links-Rechts-Kombination im fünften Satz mit 11:1 gegen Shan Xiaona sowie Ricardo Walther durch. „Ich habe zum ersten Mal überhaupt bei einer Deutschen Mixed gespielt und freue mich sehr über Gold“, verriet Solja und verschwand mit drei Medaillen in drei unterschiedlichen Farben in Richtung Wohnmobil.
Quelle: Deutscher Tischtennisbund (DTTB)