Viele mögen das „kleine Finale“ für das sinnloseste Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft halten. Für die beiden Halbfinalverlierer ging es aber immerhin um eine Medaille. Und die wollten die Roten Teufel mehr als die Three Lions. Beide Teams standen sich schon in der Gruppenphase gegenüber. Da jedoch sowohl Belgien als auch England bereits das Achtelfinale erreicht hatten, bekamen die Zuschauer ein Freundschaftsspiel der B-Teams zu sehen, das mit 1:0 an Belgien ging. Das Spiel um Platz drei darf so gesehen als mehrfache Wiedergutmachung gesehen werden.
Duell der Premier-League-Profis
Sicherlich: Eine Halbfinalpleite ist nicht wiedergutzumachen. Für die Belgier bedeutete das „kleine Finale“ dennoch mehr als nur Schadensbegrenzung. Von Beginn an traten die Roten Teufel im gelben Auswärtstrikot zielstrebig auf. Thomas Meunier, der gegen Frankreich wegen einer Gelbsperre nicht auflaufen durfte, ließ es bereits in der vierten Spielminute krachen: Nacer Chadli bediente den PSG-Verteidiger, der Englands Danny Rose überrannte und problemlos zum 1:0 einnetzte. Die Truppe von Coach Roberto Martínez, der am Freitag 45 Jahre alt wurde, beherrschte das Match der Premier-League-Allstars. Einer von ihnen: Kevin de Bruyne (Manchester City), der mit seinen Pässen – unter anderem auf Romelu Lukaku – die belgischen Vorzüge präsentierte. Der ManU-Angreifer verschätzte sich aber und ließ zwei eindeutige Torchancen liegen. Auch die Engländer hatten ihre Möglichkeiten. So wartete Raheem Sterling im Sechzehner auf Kapitän Harry Kane (Tottenham Hotspur), der ausrutschte und den Ball links am gegnerischen Tor vorbeischoss. Ähnlich erging es später Belgiens Toby Alderweireld (ebenfalls „Spurs“), der nach Youri Tielemans Pass mit einem Fallrückzieher den Kasten von Jordan Pickford nur knapp verfehlte. Dazu hatten die Unparteiischen auf Abseits entschieden. Eine weitere große Möglichkeit bot sich Chadli. Der „Baggies“-Profi verletzte sich allerdings nach der Ballannahme und wurde noch vor der Halbzeitpause durch Thomas Vermaelen ersetzt.
Platz drei! Bestes WM-Ergebnis der Belgier
Nachdem die ersten 45 Minuten klar an die Red Devils gingen, zeigten sich die Three Lions in der zweiten Spielhälfte offensiver. Vor allem Kieran Trippier fiel durch seinen Einsatz auf und sorgte für die bislang gefährlichste Situation nach der Pause. Lukaku dagegen musste nach seinen verpassten Chancen Kollege Dries Mertens weichen. Belgien geriet zunehmend in Schwierigkeiten, denn England machte Druck. Dramatisch wurde es, als Eric Dier frei auf Keeper Thibaut Courtois zulief. Alderweireld war jedoch im richtigen Moment zur Stelle und rettete die Roten Teufel mit einer spektakulären Aktion. Die Belgier befanden sich nun im Abwehrkampf, den sie aber erfolgreich überstanden. Statt den Ausgleichstreffer zu kassieren zelebrierten sie ihr berühmtes Umschaltspiel und griffen wieder an. Zunächst verhinderte Pickford mit seiner Glanzparade ein weiteres Tor von Meunier. Eden Hazard, der erneut zum Mann des Spiels gewählt wurde, konnte der englische Torhüter aber nicht aufhalten (82.).
Die Belgier haben das Spiel für sich entschieden und mit Platz drei das beste Ergebnis ihrer WM-Geschichte erzielt. Der vierte Platz aus dem Jahr 1986 wurde getoppt. Dennoch war den Red Devils die Enttäuschung über den verpassten Finaleinzug nach wie vor anzusehen. Denn im Vergleich zur sehr jungen englischen Mannschaft tickt die Uhr der belgischen „goldenen Generation“.
Die Tore im Überblick:
1:0 Thomas Meunier (4.)
2:0 Eden Hazard (82.)
Schiedsrichter:
Alireza Faghani (Iran)
Spielort:
St. Petersburg (64.000 Zuschauer)