Nach 1990 standen die Engländer in diesem Jahr wieder im Halbfinale einer Fußball-Weltmeisterschaft. Die Euphorie um Harry Kane und Co. war dementsprechend groß. Nicht zu vergessen: Der jüngste Achtelfinaltriumph gegen Kolumbien nach Elfmeterschießen (4:3). Der erste Bann war damit gebrochen. Doch das Unglaubliche sollte den Three Lions nach ihrem WM-Titel von 1966 nicht gelingen. Denn Kroatien machte Gareth Southgate und dessen Team einen Strich durch die Rechnung. Kroatien, das sich im Achtelfinale gegen Dänemark (3:2) und im Viertelfinale gegen Russland (4:3) erst jeweils im Elfmeterschießen durchgesetzt hatte. Einige glaubten daher nicht mehr an die Kraft der Truppe. Doch die Zweifler wurden eines Besseren belehrt.
Dabei gingen die Engländer durch ein frühes Tor von Kieran Trippier (5.) in Führung. Die Kroaten zeigten sich erst mit einem Distanzschuss von Ivan Perisic in der 19. Spielminute. Der englischen Defensive wussten sie vorerst nichts entgegenzusetzen. Auch in der zweiten Spielhälfte waren es zunächst die Engländer, die nach einer kurzen Spielflaute die Partie wieder übernahmen – bis schließlich die Feurigen ihrem Namen gerecht wurden und zeigten, warum sie im Halbfinale stehen. Der Ausgleichstreffer deutete sich immer mehr an. Perisic setzte ihn schließlich in der 68. Spielminute um. Bei einer weiteren Möglichkeit traf der kroatische Angreifer nur den Pfosten. Während die Engländer immer nervöser wurden, gewann die Truppe um Kapitän Luka Modric immer mehr an Sicherheit. Mario Mandzukic verpasste in der 83. Spielminute den Führungstreffer nur knapp – vorerst, womit das Match in die Verlängerung ging. England kam nun wieder besser ins Spiel. Bei John Stones Kopfball war Sime Vrsaljko allerdings rechtzeitig zur Stelle. In der zweiten Hälfte der Verlängerung drehte die Truppe von Trainer Zlatko Dalic wieder den Spieß um und Mario Mandzukic netzte zum 2:1 ein. 109 Minuten waren gespielt, als der Ex-Bayernprofi die Kroatien zum ersten Mal in deren Fußballgeschichte in ein Finale der Fußball-Weltmeisterschaft schoss, in dem am Sonntag Frankreich wartet.
„Königlicher“ Teufel? Belgischer WM-Traum geplatzt
Bereits am Dienstagabend setzte sich die Équipe Tricolore gegen Dauer-Geheimfavorit Belgien durch – an einem Tag, der auch außerhalb der Weltmeisterschaft für Furore sorgte. Ronaldos Wechsel von Real Madrid zu Juventus Turin war offiziell, so dass die erste WM-Halbfinalpartie beinahe in den Hintergrund geriet. Wäre da nicht Belgiens Kapitän und Spielmacher Eden Hazard, der nun die lang ersehnte Aufmerksamkeit der Königlichen erhielt. Bereits vor dem Turnier in Russland hatte der 27-jährige Linksaußen mit den Madrilenen geliebäugelt. Doch die hielten sich bislang zurück. Würde Hazard gegen Frankreich den spanischen Klub endgültig von seiner Leistung überzeugen?
Noch in der ersten Spielhälfte zeigten die Belgier, wofür sie von Fans und Experten geschätzt werden – ihre Offensivleidenschaft. Ihre teils hochwertigen Chancen konnten die Roten Teufel aber nicht verwerten, was sich am Ende rächen sollte. Das Team von Coach Didier Deschamps agierte vorsichtig und überließ dem Gegner das Spiel. Zollten die Franzosen dem kleinen Nachbarn Respekt? Oder war es Taktik? Dass es sich wohl um Letzteres handelte, zeigte sich im Verlauf der Partie. Les Bleus wussten natürlich um die belgische Konterstärke und drängten dem Gegner ihr unaufgeregtes und kontrolliertes Spiel auf. Es funktionierte. Die Roten Teufel stießen sich an den tief stehenden Franzosen die Hörner ab und fanden nach Samuel Umtitis Kopfballtor (51.) kein Mittel. Auch die Nachspielzeit half den Belgiern nicht. Denn Kylian Mbappé und Co. nutzten die verbleibenden sechs Minuten weiter auf ihre Art für sich und ließen den belgischen WM-Traum platzen. Einzig Thierry Henry dürfte mit einem lachenden und einem weinenden Auge das Sankt-Petersburg-Stadion verlassen haben. Der Co-Trainer der Roten Teufel ist französischer Rekordtorschütze und wurde 1998 mit der Équipe Weltmeister. Dass der 40-Jährige Franzose im Endspiel seinem Heimtland die Daumen drückt, dürfte klar sein. Bevor Frankreich am Sonntag gegen Kroatien um den Titel kämpft, muss Henry am Samstag noch einmal mit den Belgiern ran. Gegen England geht es im kleinen Finale um Platz drei. Die letzte Begegnung der beiden Ex-Gruppenkonkurrenten ging mit 1:0 an die Roten Teufel.
Die Halbfinaltore:
Frankreich – Belgien
1:0 Samuel Umtiti (51.)
Kroatien – England
0:1 Kieran Trippier (5.)
1:1 Ivan Perisic (68.)
2:1 Mario Mandzukic (109.)