Die Deutschen Meister des Jahres 2018 heißen Timo Boll und Han Ying. Die beiden Topgesetzten drückten im Einzel den 86. Titelkämpfen in Berlin ihren Stempel auf. Für Rekordhalter Timo Boll war es der bereits der 12. Sieg, Han Ying gewann hingegen ihren ersten Titel. Im Doppel gab es mit den Duos Benedikt Duda/Dang Qiu und Huong Do Thi/Sabine Winter ebenfalls neue Meister.
Timo Boll: „Ich hoffe, das war noch nicht mein letzter Titel
Timo Boll hat seinen eigenen Rekord für die Ewigkeit weiter verbessert. Der Weltranglisten-Erste sich durch einen Sieg über Außenseiter Kilian Ort vom TV Bad Königshofen seinen 12. Titel und machte anschließend der Konkurrenz für die nächsten nationalen Championate wenig Hoffnung: „Ich hoffe, das war noch nicht mein letzter Deutscher Meistertitel.“ An seinen ersten nationalen Titel kann sich der Ausnahmesportler noch sehr gut erinnern: „Das war 1998 in Saarbrücken, an meinem 17. Geburtstag. Damals habe ich gegen Peter Franz im Halbfinale nach 15:20-Rückstand noch gewonnen und anschließend dann im Finale gegen Torben Wosik – das war mein erster großer Titel bei den Herren.“
Im Finale 2018 ließ der 36-jährige Boll der großen Turnierüberraschung Kilian Ort nicht den Hauch einer Chance, lobte aber anschließend aus gutem Grund seinen 15 Jahre jüngeren Herausforderer, der aktuell nur auf Position 287 der Weltrangliste geführt wird. „Im Finale hat Kilian vielleicht am Anfang zu viel gewollt und war nicht geduldig genug. Aber er hat hier ein tolles Turnier gespielt.“ Das tat Ort in bemerkenswerter Manier, in dem er im Viertel- und im Halbfinale mit dem Weltranglisten-19. Ruwen Filus (Fulda) und dem nur zwei Plätze dahinter platzierten Bastian Steger (Bremen) zwei der deutschen Topstars aus dem Wettbewerb beförderte. Der Bundesligaspieler des TSV Bad Königshofen, der sich in der Vergangenheit mit einer langwierigen Schulterverletzung herumplagte, war dennoch hochzufrieden: „Hätte mir das einer vorher gesagt, dann hätte ich das vor der DM nicht geglaubt. Aber ich habe mich seit einigen Wochen im Training und hier in Berlin in Superform gefühlt. Aber Timo ist eben noch einmal ein ganz anderes Kaliber und war für mich eine Nummer zu groß.“
Erinnerungen an den ersten Titel 1998 sind noch frisch
Im sehenswerten Halbfinal-Schlagabtausch gegen den Saarbrücker Patrick Franziska wurde Boll zuvor im Halbfinale aber gefordert. „Gegen Patrick war es vom Niveau sicherlich mein bestes Spiel bei diesem Turnier. Gestern lief es noch gar nicht rund.“ So musste der Rekordeuropameister im Match gegen den 21 Jahre U21-EM-Zweiten Dang Qiu sensationell in den siebten Satz, den er knapp mit 11:9 gewann. Den Grund lieferte Boll aber gleich hinterher: „Ich habe vor dem Turnier nur viermal trainieren können, war zuvor eine Woche in der Schweiz und danach noch eine Woche mit einer Augenentzündung krank. Beim Nationalmannschafts-Lehrgang Anfang der Woche habe ich mir dann noch eine Blutblase gelaufen, die im Spiel gegen Qiu aufgeplatzt ist.“ Ein Teilnahmeverzicht stand für Boll, der am Dienstag zu den Qatar Open reist, nie in Frage: „Bei einer Deutschen Meisterschaft an den Start zu gehen, das ist für mich eine Selbstverständlichkeit und eine Sache des Anstands.“
Han Ying gewinnt spannendes Finale
2014 verlor sie das Finale gegen Shan Xiaona, nun hat sie endlich geschafft. Mit einem umkämpften 4:2-Erfolg über Tanja Krämer sicherte sich Han Ying ihren ersten Einzeltitel bei Deutschen Meisterschaften. „Ich freue mich sehr über den Titel“, strahlte die Weltranglisten-41. nach dem Endspiel, „aber es war ein schweres Match, Tanja hat sehr gut gespielt.“
In der Tat: Die Busenbacherin Tanja Krämer, die zehn Jahre beim ttc berlin eastside unter Vertrag stand und in Berlin einen Tag nach ihrem 38. Geburtstag ihre 22. Medaille bei Deutschen Meisterschaften abholte, erkämpfte sich im Finale nach einem 0:2-Rückstand in teilweise spektakulären Ballwechseln gegen eine der besten Defensivstrateginnen der Welt den Welt den 2:2-Ausgleich. Die Durchgänge fünf und sechs musste sie anschließend aber mit 10:12 und 9:12 abgeben. Die beim polnischen Meister Tarnobrzeg unter Vertrag stehende Han Ying musste im Match ihre Taktik umstellen, um den Rhythmus von Krämer zu unterbrechen. Han Ying: „Das war sehr wichtig, denn nach den beiden ersten Sätzen hat sie immer besser gespielt.“ Zeit für ein Glas Sekt mit Ehemann und DTTB-Honorartrainer Yang Lei, der seine Frau in Berlin betreute, bleibt der neuen Meisterin kaum. „Schon Montagmorgen um 9 Uhr fliege ich weiter zu den Qatar Open nach Doha“, verriet Han Ying, die sich im Halbfinale gegen die erst 20-jährige Nationalspielerin Yuan Wan durchgesetzt hatte. Krämer besiegte die an Position zwei gesetzte Weltranglisten-59. Sabine Winter (Kolbermoor).
Neue Meister in den Doppelwettbewerben
Im Damen-Doppel setzte sich das Duo Huong Do Thi/Sabine Winter mit 3:1 gegen die Vorjahresfinalistinnen Jessica Göbel/Tanja Krämer (TV Busenbach) und gewann damit vollkommen unerwartet die Deutsche Meisterschaft. Das Meisterdoppel war erst in allerletzter Minute durch die Absage der erkrankten Nationalspielerin Nina Mittelham (TuS Bad Driburg) zustande gekommen, deren Platz Huong Do Thi vom Zweitligisten Leutzscher Füchse einnahm. Sabine Winter: „Ich habe dann sofort gesagt, dass ich gerne mit ihr spielen würde. Wir kennen uns ganz gut, auch von früheren Lehrgängen und haben immer viel Spaß miteinander.“ Dass am Ende die Deutsche Meisterschaft im Doppel dabei herausspringt – für Sabine Winter die vierte, für Huong der erste – hätte die 23-jährige BWL-Studentin aus Sachsen nie erwartet. Huong: „Das ist einfach eine unglaubliche und vollkommen unerwartete Geschichte, ich bin einfach nur glücklich.“
Danq Qiu (Grünwettersbach) und Benedikt Duda (Bergneustadt) sind Deutscher Meister im HerrenDoppel. Für Duda war es nach 2015 (mit Steffen Mengel) der zweite Titel, Dang Qiu steht zum aller ersten Mal auf dem Podest ganz oben. Im Finale setzten sie sich überraschend deutlich gegen das topgesetzte Doppel Ruwen Filus (Fulda) und Ricardo Walther (Grünwettersbach) mit 3:0-Sätzen durch. „Wir sind überglücklich gewonnen zu haben. Für mich zählt der Sieg im Doppel genauso viel wie im Einzel.“ Titelverteidigung nächstes Jahr nicht ausgeschlossen: „Wir freuen uns tierisch, verstehen uns super und haben sicher nicht das letzte Mal zusammen gespielt“, prognostiziert Dang Qiu. Ihre Gegner verpassten hingegen nach Siegen in den letzten beiden Jahren den Hattrick. „Gerne hätten wir unseren Titel verteidigt, aber es hat heute nicht sollen sein“, so Ricardo Walther.
DTTB und berlin eastside insgesamt zufrieden
Am Finaltag war die Stimmung in der Halle einer Deutschen Meisterschaft würdig, wenngleich manche Stuhlreihen noch unbesetzt blieben. „Wir haben 3200 Karten vor der Veranstaltung abgesetzt“, erklärte Alexander Teichmann, der Vorsitzende des ttc berlin eastside und verhehlte nicht, dass er mit einem besseren Besuch gerechnet hätte. Damit ging er einig in der Bewertung mit DTTB-Präsident Michael Geiger: „Die Zusammenarbeit mit den lokalen Organisatoren war sehr gut, aber wir die Resonanz hätte noch ein wenig besser sein können.“
Einig waren sich beide auch in der Gesamtbewertung: „Insgesamt haben wir eine gute Meisterschaft gesehen.“ Heike Ahlert, die Vizepräsidenten Leistungssport des DTTB, hatte jedenfalls allen Grund zur Zufriedenheit: „Die Meisterschaften waren glänzend besetzt, es wurde toller Sport geboten und viele junge Spieler waren weit im Vorderfeld vertreten. Vor allem natürlich Kilian Ort mit seinem Finaleinzug und auch Yuan Wan, die im Damen-Einzel Dritte wurde.“
Die Final-Ergebnisse:
Herren-Einzel
Timo Boll – Kilian Ort 4:0 (5,8,4,5)
Damen-Einzel
Han Ying – Tanja Krämer 4:2 (5,4,-10,-10,10,9)
Herren-Doppel
Benedikt Duda/Dang Qiu – Ruwen Filus/Ricardo Walther 3:0 (7,8,6)
Damen-Doppel
Huong Do Thi/Sabine Winter – Jessica Göbel/Tanja Krämer 3:1 (-14,6,11,5)
Quelle: Deutscher Tischtennis Bund (DTTB)